Worauf muss man beim Vordrechseln achten?
Andreas Achleitner
Um den Trocknungsprozess von nassem Drechselholz zu beschleunigen, ist das Vordrechseln von Schalen, Vasen oder Dosen ein sinnvoller Vorgang. Da nach dem Vordrechseln weniger Material trocknen muss, können die Werkstücke auch früher fertiggestellt werden.
Beim kompletten fertig drechseln von nassem Holz auf dünne Wandstärken kommt es zumeist zu Formveränderungen. Diese Formänderungen können natürlich auch gewollt sein und geben dem Werkstück einen besonderen Reiz.
Das Vordrechseln von Werkstücken, also wenn man das Objekt „halbfertig“ drechselt, ist der Ansatz ein anderer. Vorgedrechselte Schalen, Vasen oder Dosen sind zur Lagerung und zur schonenden Trocknung vorgesehen um sie nach der Trocknung auf ihre finale Form fertig zu drechseln. Aufgrund der Trocknung verformt sich das fertig gestellte Werkstück nicht mehr.
Schalen oder Schüsseln werden aus den äußeren Bereichen des Stammes gefertigt. Der Faserverlauf des Baumes eignet sich gut dafür wobei die dem Kern zugewandte Seite immer die Seite ist welche ausgedrechselt wird. Möchte man eine Naturrandschale machen ist dies umgekehrt der Fall. Haben wir unseren Schalenrohling vorbereitet müssen wir noch die Rinde an der Stelle entfernen wo der Mitlaufkörner am Holz angedockt wird um vernünftigen Halt zu bekommen. Spannt man das Holz mit einem Schraubenfutter auf und ist das Holz unregelmäßig gewachsen, dann ist das Gewicht des Werkstücks verlagert und die Drechselbank kann zu vibrieren beginnen. Entweder man schneidet am Drechselrohling an der schwereren Seite noch etwas weg oder man spannt das Werkstück zwischen die Spitzen. In diesem Fall kann man den Schwerpunkt des Werkstücks durch die Verlagerung von Mitnehmer und Mitlaufkörner optimal ausrichten.
Drechselt man Schalen oder Schüsseln vor, empfehle ich das Herstellen eines Zapfens. Die Größe des Zapfens sollte bei Schalen oder Schüsseln in der Regel immer ein Drittel des Werkstückdurchmessers betragen. Man kann natürlich auch einen inneren Rezess andrehen. Durch die spätere Trocknung verformt sich der innere Rezess allerdings sehr stark und wird meistens ziemlich oval. Um ihn wieder in Form zu bringen kann man an der Innenseite der Schale nach dem Trocknen mit einem passendem Forstnerbohrer ein Loch bohren und die Schale dann in einer Spannzange befestigen. Danach kann man die Außenseite und den Rezess nachbearbeiten und ihn für ein Umspannen in ein Spannfutter vorbereiten. Man kann allerdings auch an der Innenseite der Schale mittig einfach einen Zapfen andrehen um das Werkstück wieder aufspannen zu können.
Die Wandstärke sollte beim Vordrechseln zwischen 10 und 15 Prozent des Werkstückdurchmessers betragen. Beträgt der Durchmesser eine Schale 300 Millimeter, sollte man einen 100 Millimeter Zapfen andrehen und das Werkstück auf eine Wandstärke zwischen 3 und 4,5 Zentimeter drechseln. Eine andere Variante wäre zu der geplanten Wandstärke 2 Zentimeter hinzuzurechnen.
Rohlinge schneiden
Der Stamm wird mittig getrennt, der Kern entfernt und in eine runde Form gebracht.
Vordrechseln
Die vorgedrechselten Rohlinge werden mit CHESTNUT End Seal am Hirnholz bestrichen.
Rohlinge lagern
Fertig versiegelte Schalenrohlinge werden am Lagerplatz getrocknet.
Ist die Schale oder Schüssel dann komplett vorgedrechselt, markiere ich den Mittelpunkt an der Innenseite der Schale und streiche ich sie, also inklusive des Zapfens mit CHESTNUT End Seal an den Hirnholzenden innen und außen ein. Man kann sie auch komplett mit End Seal bestreichen, wenn man auf Nummer sicher gehen will. Der größte Feuchtigkeitsverlust tritt allerdings immer an den Hirnholzflächen auf. Die Schale erhält sozusagen eine Schutzschicht und die kontrollierte Trocknung kann beginnen.
Wenn ich frisch geschlagenes Holz im Herbst vordrechsle, dann lagere ich sie bedenkenlos im Außenbereich bis ins späte Frühjahr und lagere sie dann vor dem Sommer in den Keller um. In meinem Fall drechsle ich immer größere Menge vor, daher habe ich keinen Stress mit einer langsameren Trocknung über die Wintermonate im Außenbereich. Hat man kleinere Mengen oder man bekommt Holz in den Sommermonaten, lagere ich die vorgedrechselten Werkstücke aufgrund der hohen Außentemperaturen direkt im Keller ein.
Doch wann ist das Werkstück bereit für die finale Fertigstellung? Es empfiehlt sich beispielsweise am Schalenrand einige Daten aufzuschreiben. Beispielsweise die Holzart, den Tag oder Monat des Vordrechselns und dem Gewicht des Werkstücks. Nach dem Vordrechseln von Nassholz ist in den Zellen immer noch viel Wasser gespeichert. Beim Trocknen wird Feuchtigkeit abgegeben und die vorgedrechselte Schale wird dadurch leichter. Stellt man fest, dass die Schale kein Gewicht mehr verliert, dann kann sie ohne Bedenken fertig bearbeitet werden.
Drechselt man viel Schalen, Schüsseln oder Dosen vor macht es Sinn, sich eine Liste anzulegen und den Werkstücken Nummern zu geben beziehungsweise diese auf die Werkstücke zu schreiben. Somit hat man immer einen Überblick was am Lager liegt, wann es eingelagert wurde und welchen Gewichtsverlust das Werkstück über die Zeit durchlaufen hat. Darüber hinaus hat man einen Überblick welches Werkstück man sich zum Fertigstellen auf die Drechselbank spannen kann.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass es überhaupt nichts daran auszusetzen gibt, wenn man die vorgedrechselten Schalen, Vasen oder Dosen in den eigenen Holzspänen in einem Papiersack einen Karton zum Trocknen steckt. Das funktioniert ebenfalls und kann von jedem gemacht werden. Da ich allerdings viele Schalenrohlinge vordrechsle, behandle ich generell alles mit CHESTNUT End Seal. Die Schalen kann ich dann platzsparend übereinander lagern sofern sie dieselbe Form haben.